nach oben

Anzeige

Gesellschaft
abo
Bildkombo mit Imam Kaser Alasaad und der Moschee in Hegnau, Volketswil.

Für Imam Kaser Alasaad hat der Verzicht auf Essen und Trinken viel mit Dankbarkeit zu tun. Im Bild die Moschee in Hegnau. Archivfoto: Christian Merz/PD

Imam aus Volketswil leitet Anlass

Bei Datteln und Wasser Vorurteile abbauen

Der Volketswiler Imam Kaser Alasaad lädt zusammen mit Juden und Christen zum Fastenbrechen. Der Online-Anlass soll das gegenseitige Verständnis fördern.

Für Imam Kaser Alasaad hat der Verzicht auf Essen und Trinken viel mit Dankbarkeit zu tun. Im Bild die Moschee in Hegnau. Archivfoto: Christian Merz/PD

Veröffentlicht am: 14.04.2023 – 08.47 Uhr

Eine ungerade Anzahl Datteln und etwas Wasser nehmen Muslime traditionell zu sich, wenn sie während des Ramadans ihr Fasten brechen. Dies geschieht jeweils nach Sonnenuntergang zur Zeit des Abendgebets.

«Wir erheben die Hände, bitten Gott um die Annahme des Fastens und danken ihm, dass er uns die Möglichkeit gibt, Gottesdienst zu verrichten», erklärt Kaser Alasaad, Imam der Islamischen Gemeinschaft Volketswil.

Für ihn ist das Iftar, wie das Mahl auf Arabisch genannt wird, von tiefer Bedeutung. Er freue sich immer, wenn er es gemeinsam mit seiner Familie begehen könne.

Rabbi und Pfarrerin sind dabei

Das Fastenbrechen kann aber eine noch grössere Gemeinschaft als die eigene Familie zusammenbringen – und dabei sogar interreligiöse Brücken bauen: So findet kommenden Sonntag ein Online-Fastenbrechen via Zoom statt.

Organisiert wird der Anlass vom National Coalition Building Institute Schweiz, einem Verein, der sich gegen Vorurteile, Diskriminierung und Rassismus einsetzt.

«Wir tauschen uns über unseren Glauben aus, sprechen aber auch über andere Themen, die uns beschäftigen», sagt Kaser Alasaad.

Er wird das virtuelle Fastenbrechen leiten und lädt Menschen aller Religionen sowie Interessierte ohne Religionszugehörigkeit dazu ein. Auch ein Rabbi und eine reformierte Pfarrerin werden am Sonntagabend zugeschaltet sein.

Hunger und Durst spüren

Das Iftar eigne sich für den interreligiösen Austausch besonders gut, da auch das Judentum und das Christentum mit dem Konzept des Fastens vertraut seien, erklärt Imam Alasaad.

Für die Christen endete die Fastenzeit allerdings bereits mit dem Osterfest, während der Ramadan dieses Jahr vom 23. März bis zum 20. April dauert. Im jüdischen Kalender wiederum gibt es einzelne Fastentage wie Jom Kippur und Tisha B’Av.

«Wir werden uns erzählen, welchen Stellenwert das Fasten in unserer Religion einnimmt und was es uns persönlich bedeutet», sagt Alasaad.

Für ihn etwa habe der Verzicht auf Essen und Trinken viel mit Dankbarkeit zu tun: Indem man selbst etwas Hunger und Durst verspüre, denke man stärker an die bedürftigen Mitmenschen rund um den Globus und bedanke sich bei Gott für das, was man habe. Zudem lerne man sich beim Fasten besser kennen und übe sich in Geduld.

Imam Kaser Alasaad in der Moschee der Stiftung Islamisches Zentrum in Hegnau.
Kaser Alasaad, Imam der Stiftung Islamisches Zentrum, am Tag der offenen Moschee im Jahr 2019. Archivfoto: Christian Merz

Seitdem Alasaad 2014 aus Syrien in die Schweiz gekommen ist, hat der muslimische Seelsorger schon zahlreiche interreligiöse Fastenbrechen mitorganisiert, darunter auch Anlässe in Kirchen in Zürich und Bern.

Seit der Corona-Pandemie finden sie online statt. Die Organisatoren erwarten am 16. April, wie schon in den vergangenen Jahren, um die 50 bis 100 Teilnehmer.

Kampf gegen Vorurteile

Auch gesellschaftspolitische Fragen würden beim gemeinsamen Iftar diskutiert, sagt Alasaad. Etwa, wie sich die Angehörigen unterschiedlicher Religionsgemeinschaften in der Schweiz fühlen. Doch die wohl wichtigste Funktion des Anlasses sieht der Volketswiler Imam im Abbau von Vorurteilen.

Durch den direkten Kontakt mit Menschen anderer Religionen sollen die Teilnehmer Informationen aus erster Hand erhalten. «Ich hoffe, dass die Leute dabei wohlwollendes Verständnis entwickeln und dass beispielsweise im Internet kursierende Falschinformationen aufgeklärt werden können», sagt Alasaad.

Er hat als Seelsorger bereits in mehreren Bundesasylzentren gearbeitet und zahlreiche Geflüchtete emotional und sozial betreut.

Aufgrund dieser Erfahrungen ist er von der Relevanz interreligiöser Aktionen für das Funktionieren einer pluralistischen Gesellschaft überzeugt. Sie sollen dazu beitragen, dass mit den Migranten keine radikalen Ansichten in die Schweiz gelangen.

Gegen politische Ideologie

Er wolle einen moderaten Islam vermitteln – und dazu gehöre es, Menschen anderer Religionen zu achten und zu schätzen.

Wenn ein Muslim in den Juden ein Feindbild sieht, dann erklärt ihm Alasaad, dass dies eine politische Ideologie aus einer anderen Kultur ist. «Das betrifft uns in der Schweiz nicht.»

Dies gelte auch innerhalb des Islam. So respektiere man als sunnitische Gemeinschaft in Volketswil die schiitischen Glaubensgeschwister.

Alasaad findet, dass die Begegnung im interreligiösen Dialog das wirkungsvollste Mittel im Kampf gegen Vorurteile und Hass ist.

«Deshalb freut es mich, dass das Kennenlernen der grossen Religionen im Lehrplan verankert ist und manche Schulklassen auch Gotteshäuser besuchen.»

In der Bevölkerung mangle es dennoch an Kenntnissen von den fünf Weltreligionen und deren Praktiken. Darum brauche es Begegnungsräume für den gegenseitigen Austausch von Wissen – zum Beispiel bei Datteln und Wasser.

Anzeige

Anzeige