«Das ist ja echt einfach», denke ich mir während ich einen Ball nach dem anderen mit meinem Schläger treffe. Doch so leicht war das nicht von Anfang an. Vor kurzem öffnete ein Indoor-Baseball-Zentrum in Dübendorf seine Türen – es soll gar das erste seiner Art in der Schweiz sein. Das musste ich einfach ausprobieren.
Schon am Vorabend spüre ich ein Kribbeln in den Fingern – die Vorfreude ist gross. Um mich abzulenken, gehe ich ins Fitnesszentrum. Doch ich sollte das Training noch bereuen.
Juan Francisco Robles, genannt Tyson, spielte 32 Jahre lang Baseball in der Schweiz und gilt für Kenner als Pionier. Er hat zwei Baseball-Vereine mitgegründet und war hierzulande einer der ersten Spieler aus der Dominikanischen Republik. Heute bilden seine Landsleute ganze Mannschaften.
Bambusholzschläger für Anfänger
Tyson, der auch ein bisschen wie der Boxer Mike Tyson aussieht, eröffnete die Baseball City in Dübendorf gemeinsam mit seiner Frau Jacqueline Vetter. Damit könne man nun endlich das ganze Jahr durchtrainieren. Er will so den Sport weiter fördern, der aktuell nur von wenigen Vereinen in der ganzen Schweiz gespielt wird.
Während den Ausführungen von Tyson zuckt es mir bereits in den Fingern. In den ersten beiden Schweizer Ligen wird mit Holzschlägern gespielt wie in Amerika. Weil ich Anfänger bin, bekomme ich einen speziellen Bambusholzschläger, den ich nicht kaputt machen könne. «Warte nur», denke ich.
Mit dem Schläger fühl ich mich ein bisschen wie ein amerikanischer Gangster. Damit könnte ich locker jemandem die Kniescheibe zertrümmern. Währenddessen erklärt mir Tyson, wie ich zu stehen, den Schläger zu halten und den Ball zu treffen habe. Gut, jetzt wird aber gespielt, gell? Wir gehen auf den von einem dicken grünen Netz eingerahmten länglich gezogenen Platz.
Nein, jetzt gibt’s auch noch Instruktionen an der Wurfmaschine. «Von hier kommt der Ball mit der eingestellten Geschwindigkeit und Wurfart, zum Beispiel Curve- oder Knuckleball», sagt Tyson. «Jaja, ist mir doch egal», denke ich. Ich will jetzt mein Zucken loswerden. Den Helm habe ich auch schon montiert. Ich bin also bereit.
Doch erneut wird mir wieder der Wind aus den Segeln genommen. «Erst noch aufwärmen», sagt mein Trainer. Das sei wichtig. Ich donnere auf einen Ball an einer Schnur ein. Nach ein, zwei Schlägen merkt Tyson wohl, dass ich bereit bin – auch wenn ich ein paar Mal das Seil anstelle des Balls erwische. Endlich geht’s los.
Ich schaue besorgt zum Arbeitskollegen, aber auch etwas stolz.
Flupp. Swusch. Ball nicht getroffen. Meine ersten zehn Schwünge gehen ins Nichts. Nachjustieren ist nicht, denn Tyson haut einen Ball nach dem andern in die Maschine. Dann endlich: Flupp. Klack, Schläger trifft auf Ball.
Der Rückschlag ist stärker als erwartet und schmerzt etwas im Handgelenk. Die verkaterten Muskeln, insbesondere um den Schultergürtel, vom Workout am Vorabend melden sich. Egal, jetzt heissts durchhalten. Flupp, der nächste Ball kommt schon.
Gefährlich wird es eigentlich nur einmal. Mein Arbeitskollege mit dem Fotoapparat in der Hand hinter der Wurfmaschine lehnt sich zu weit vor. Zirka 20 Zentimeter neben ihm schlägt mein Ball ins Netz. Etwas erschrocken schaut er mich an – ich schaue auch besorgt, aber auch stolz zugegebenermassen.
Einen Ball nach dem anderen haue ich jetzt in die grünen, dicken Maschen. Zwanzig Versuche, dann gibt es eine Pause, denn die Bälle lesen sich nicht von selbst auf. «Das war gut, nun erhöhen wir die Geschwindigkeit der Maschine», sagt Tyson. Mein Selbstbewusstsein ist mittlerweile gross, also sage ich guten Mutes: «Ja, logisch.»
Bisher kamen die Bälle mit 65 Stundenkilometer, nun mit 97. Jetzt gab es etwas mehr Swusch als Klack. Der Unterschied ist riesig. Aber irgendwann beginne ich die Bälle zu treffen. Doch der Rückschlag ist jetzt noch stärker. Irgendwas Trotziges in mir erwacht, und ich will es dem Ball zeigen. «Jetzt gibt’s Haue!»
Burger und Bier
Klack. Klack. Klack. Immer wieder. Bis der Korb mit den Bällen hinter der Maschine leer ist – und meine Energie erschöpft. Geschafft, und mit ein, zwei Schweisstropfen im Gesicht, lege ich den Schläger nieder und ziehe meinen Helm aus.
Im Bistro könnte ich jetzt einen Happen Essen und ein Bier vertragen. Ich sehe den Tyson XL Burger für neun Franken, habe aber zum Essen abgemacht und trinken während der Arbeitszeit geht auch nicht. Also gibt’s einen Kaffee.
Viele Vereine seien bereits hier gewesen, um zu trainieren, sagt Tyson. Dies bezeugen zig Logos der Mannschaften an den Wänden. Auch meine Heimatstadt hat ja ein Baseballteam, stelle ich überraschend fest. Anscheinend ist es einer der ältesten Clubs in der Szene. Dass ich davon nichts wusste, sagt vieles über mein bisheriges Interesse für die Sportart aus. Spass machte Baseball trotzdem und für 20 Franken pro Halbestunde ist es allemal preiswert.
Weitere Informationen: www.baseballcity.ch