Im Güggelhuus der reformierten Kirche Dübendorf-Schwerzenbach ist wie an jedem Werktag der Mittagstisch. Doch dieser Freitag ist besonders. Denn heute kocht das ehrenamtliche Team das jährliche Weihnachtsessen für Bedürftige. Mitessen dürfen aber auch alle anderen Menschen (siehe Box).
Einer der freiwilligen Helfer ist René Glauser. Angezogen ist er wie ein Spitzenkoch eines Michelin-Sterne-Restaurants. Doch der Pensionär winkt ab: «Ich war früher Bankangestellter.» Seit jeher ist er passionierter Hobbykoch, wie die anderen zwei Herren – Rolf Währer und Fredy Eberhard –, die heute das viergängige Menu zubereiten.
Du, René, du solltest den Stabmixer nicht in der kochenden Suppe stehen lassen.
Rolf Währer, ehrenamtlicher Koch
Unterstützt werden sie von Jacqueline Marty, die sich mit dem Spruch «ich habe hier nichts zu sagen, nur zu funktionieren» vorstellt. Kurz darauf scheucht sie einen ihrer Kollegen forsch aus dem Weg, und somit ist klar: Die Frau hat geschwindelt – ihr Platz in der Küchenhierarchie ist weiter oben.
Marty hilft nun Rolf Währer, sein Kochtenue zuzuknöpfen. Derweil kümmert sich René Glauser um die Rüebli-Ingwer-Suppe, die er mit einem Stabmixer püriert. Entspannt zeigt er danach, was sie heute Morgen schon alles vorbereitet haben: Geschnittenes Rindsfilet für das Filet Boef Stroganoff, Spätzliteig für die Spätzli und auch die Blätter für den Salat Nichoise sind schon fertig gewaschen in einer Schüssel. Die Toastbrote für das Amuse-Bouche, auf die noch Lachs und Meerrettich kommen, liegen auch schon parat und irgendwo ist bestimmt auch noch die Torta della Nonna, die als Dessert vorgesehen ist.
Ein bisschen Verdammnis
Während sich Glauser einen Kaffee aus der Maschine lässt, sagt er, dass sie wie üblich fürs Weihnachtessen ein bisschen mehr Budget von der Kirche zur Verfügung hätten.
Für die Köche war es ein logischer Entscheid ein Fleischgericht aufzutischen. «Vegetarier oder Veganer habe ich hier kaum mal gesehen», sagt Glauser, der schon acht Jahre hier kocht. Unterbrochen wird er von Rolf Währer: «Du, René, du solltest den Stabmixer nicht in der kochenden Suppe stehen lassen.» Währer kocht derweil die Sauce fürs Filet und sucht das Gewürz. «Gopferdammi, hat es kein Paprika mehr?»
Das Paprika ist zwar ein bisschen schärfer als das gewöhnliche, dafür brauchen wir aber auch weniger.
Jacqueline Marty, ehrenamtliche Köchin
Marty ist soeben mit der Salatsauce fertig, schaut in die Runde, und sagt: «Wir liegen super in der Zeit, es ist erst 10 Uhr.» Mittlerweile hat einer der Herren vier Gläser mit Weisswein gefüllt. Die vier erheben die Gläser. «Auf ein gutes Gelingen», sagt Marty.
Kurz danach kratzt sie mit Fredy Eberhard die Resten der Sauce aus einem Gefäss. «Da hat’s noch ein Bitzeli drin», sagt sie. «Ach, scheiss drauf», entgegnet Eberhard, der jetzt noch ein wenig Zeit findet, die Kochlöffel zu inspizieren. «Wir haben den 6er, den 10er und den 12er – super.» Seine beiden Kollegen schenken ihm Gehör. Rolf Währer findet eine Gelegenheit zu erklären, dass der Plastikschaber auch Schlesinger genannt wird.
Ein Herrentrio im Weg
Die Männer stehen nun an den beiden Kipper, die Eberhard als «unsere überdimensionierten Bratpfannen» betitelt, und fachsimpeln über die ideale Temperatur und Kochzeit für die Sauce. Das Knowhow über die Hightech-Geräte haben sich die drei in einem Kurs angeeignet. Marty durchprescht das Herrengefüge und treibt das Trio bei der Suche nach Speiseöl auseinander. Sie lässt die Gruppe wissen: «Wir haben fast kein Öl mehr.»
Dafür ist inzwischen Paprika da. «Es ist zwar ein bisschen schärfer als das gewöhnliche, dafür brauchen wir aber auch weniger», konstatiert Marty.
«So, ist deine Ingwer-Rüebli fertig?», fragt Rolf Währer seine Kochkollegen Glauser, der mit seiner Suppe in Richtung Serviertisch verschwindet und die Vorspeise dort warmstellt.
Überpünktlicher Gast
Noch bleibt Zeit, bis die ersten Gäste eintrudeln. Mit etwa 25 bis 35 Gästen rechnet Glauser. Ein paar mehr als sonst an einem gewöhnlichen Tag.
Die vier dämpfen, brutzeln, und köcheln Zutaten, bestreichen Toastbrote und drapieren Teller. Nun ist auch der Weisswein im Glas vergessen gegangen und kurz vor dem Eintreffen des ersten Gastes, fallen ein paar Nüsslisalat-Teller zu Boden. Das bringt nur Jacqueline Marty ein bisschen aus der Fassung – aber wirklich nur ein bisschen.
So hat das Küchenteam auch kein Problem damit, dass der erste Gast 20 Minuten vor der eigentlichen Öffnung des Güggelhuus schon seine Nase in die Küche steckt. Man kennt den Mann und grüsst ihn mit Namen.
Mittagstisch in Dübendorf
Unter dem Namen Subito betreibt die evangelisch-reformierte Kirchgemeinde Dübendorf-Schwerzenbach einen Mittagstisch, der allen Menschen, unabhängig von ihrer Herkunft oder Religionszugehörigkeit, von Montag bis Freitag ein Mittagessen bietet. Der Preis dafür variiert je nach Lebenssituation von gratis bis zu 12 Franken. Das Weihnachtsessen ist jeweils für alle gratis.