Die Schweiz ist für ihr ausgezeichnetes Schienennetz bekannt. Alle, die schon einmal in der Nähe einer Bahnlinie gewohnt haben, wissen aber: Schienenverkehr hat auch – deutlich hörbare – Nachteile. Glücklicherweise lässt sich der Lärm, den Personen- und Güterzüge verursachen, mit baulichen Massnahmen bekämpfen. Aber welche Massnahmen wirken am besten, und wie setzen wir sie richtig ein?
Vielschichtiger Lärm
Empa-Forschende um Reto Pieren von der Abteilung Akustik/Lärmminderung erkunden das Phänomen Bahnlärm seit Jahren mit Messungen, Simulationen und Validierungen. Die Herausforderungen sind vielschichtig, denn Lärm ist nicht gleich Lärm. Rollgeräusche von Stahlrädern auf rauen oder glatteren Schienen, Bremstöne in unterschiedlichen Frequenzen, Motorenlärm, aerodynamische Geräusche … – das alles gedämpft oder beeinflusst von Lärmschutzwänden, Böschungen, der Beschaffenheit des Bodens unter den Gleisen und auch von der Umgebung, in der sich die Schallwellen ausbreiten.
Um dieses Lärmbouquet besser zu bewältigen, haben die Empa-Forschenden in einem zweijährigen EU-Forschungsprojekt mit zahlreichen Partnern Silvastar entwickelt: eine akustische Simulation von Bahnlärm unterschiedlichster Ausprägungen – hör- und erlebbar mithilfe von virtueller Realität. Während das Empa-Team sein akustisches Expertenwissen einfliessen liess, steuerten Fachleute von der University Southampton und der Zürcher Firma Bandara VR GmbH wertvolles Know-how bei, um ein nutzerfreundliches System zu entwickeln.
Am Tag der offenen Tür am 14. September konnten Besucherinnen und Besucher Silvastar selbst ausprobieren. Wer den Anlass verpasst hat, kann das Tool für nicht kommerzielle Zwecke kostenlos über die Projektwebseite herunterladen: https://www.empa.ch/web/silvarstar.
Das Resultat ist ein Tool, das auch Laien nutzen können: etwa Verkehrspolitiker, die Auswirkungen einer künftigen Bahntrasse abschätzen möchten. Für jede Strecke lassen sich mehrere Szenarien vergleichen, zum Beispiel mit Zugtypen vom Güterzug über eine Regionalbahn bis zum ICE, mit hohen oder niedrigen Lärmschutzwänden, spezifischen Rad- und Dämpfungstypen und vielen weiteren Faktoren. Und weil auch die Umgebung eine Rolle spielt, können Nutzer zwischen Stadt oder Land entscheiden oder eine ebenerdige oder erhöhte Position wählen, etwa auf einem Balkon.
Die Empa ist ein Forschungsinstitut des ETH-Bereichs, das sich der Entwicklung neuer Materialien und Technologien widmet. Im Empa-Blog gibt es regelmässig spannende Einblicke in neueste Forschungsergebnisse und -projekte vom Empa-Campus in Dübendorf.
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