Sie ist 121 Meter hoch, hat einen Durchmesser von 9 Metern, wiegt 5000 Tonnen und verfügt über 33 Raptor-Triebwerke: Die Rede ist von der Starship-Rakete von SpaceX. Es ist die grösste und schwerste Rakete, die je gebaut wurde. Vor wenigen Tagen wurde zum dritten Mal innerhalb von elf Monaten ein Starship-Prototyp getestet. Auch wenn beim Testflug nicht alle gesteckten Ziele erreicht wurden, konnten zentrale Meilensteine erreicht werden.
SpaceX-Philosophie: Fliegen, scheitern, verbessern
Anders als die staatlichen Raumfahrtagenturen Nasa und Esa arbeitet Elon Musks SpaceX bei der Entwicklung von Raketen nicht mit einem linearen Phasenmodell. SpaceX setzt vielmehr auf das innovative iterative Prototyping: Schon früh in der Entwicklung werden Prototypen gebaut und geflogen. Anschliessend werden Fehler analysiert und beim Bau des nächsten Prototyps entsprechende Anpassungen vorgenommen.
Da SpaceX bei jedem Start Unmengen von Sensordaten aufzeichnet und auswertet, ist die Lernkurve steil: Nach dem ersten Testflug waren noch 63 Korrekturmassnahmen nötig, nach dem zweiten nur 17.
Der Entwicklungsansatz von SpaceX wird in den USA verstanden – entsprechend gross war der Jubel in den amerikanischen Medien über den dritten Testflug. Ganz anders im deutschsprachigen Raum: Schlagzeilen wie zum Beispiel jene von SRF («Dritter Starship-Test von SpaceX scheitert ebenfalls») oder der NZZ («Nach einer halben Umrundung der Erde: Obwohl SpaceX aus Fehlern gelernt hat, verglüht das Starship vermutlich in der Atmosphäre») zeigen, dass die Entwicklungsphilosophie von SpaceX bei uns noch nicht angekommen ist.
Kickstarter für kommerzielle Weltraumnutzung
Wenig bekannt scheint auch die Bedeutung des zukünftigen Starship-Raketensystems zu sein. Mit der vollständig wiederverwendbaren Starship werden sich 150 Tonnen Fracht befördern lassen. Ein Quantensprung! Mit dieser Transportkapazität lassen sich Raumstationen in Serie in den Erdorbit befördern, und zwar zu etwa 20-mal geringeren Kosten als bisher. Dadurch wird der Erdorbit auch kleineren Firmen und Nationen offenstehen.
Die Starship entpuppt sich damit als Booster für die Weltraumwirtschaft und macht den Weltraum zum kommerziellen Produktions- und Entwicklungsort. Fachleute sprechen bereits von einer neuen industriellen Revolution. Denn Schwerelosigkeit lässt sich als Werkzeug für innovative Fertigungsverfahren einsetzen, die auf der Erde nicht möglich sind.
Innovationsschub für Wirtschaft und Industrie
Heute sind es staatliche Raumfahrtagenturen, die bestimmen, was auf der Internationalen Raumstation ISS geschieht. Der Zugang ist an langwierige, kompetitive Verfahren gekoppelt und damit wenig wirtschaftsfreundlich.
Hier wird die Starship zum echten Gamechanger: Dank ihr werden die Kosten, ein Kilogramm Fracht in den Weltraum zu bringen, von heute rund 3000 auf unter 200 Dollar sinken. Dies ermöglicht den Bau von kommerziellen Raumstationen wie zum Beispiel der Starlab Space Station oder der Orbital Reef Space Station.
Zahlende Kunden aus Industrie und Forschung erhalten dort einfach und schnell Zugang zu Weltraumlaboren und Werkstätten. Dies wird weltweit einen Innovationsschub auslösen. Von den Möglichkeiten des Starship-Raketensystems sollen – wenn es nach Oliver Ullrich, dem Direktor des am Innovationspark Dübendorf angesiedelten Space Hub der Universität Zürich, geht – in Zukunft auch die Greater Zurich Area und ihre Wirtschaft und Industrie profitieren.
Der Luft- und Raumfahrtbereich des Space Hub der Universität Zürich ist seit 2024 in der Halle 4 auf dem Innovationspark in Dübendorf angesiedelt. Im Space Blog gibt es Einblicke in Forschungen, Ideen, Erfolge und Rückschläge der UZH-Space-Hub-Mitglieder.