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Deutschrapper Bushido geht nach acht Jahren wieder auf Tour und kommt auch in Dübendorf vorbei.

Zweieinhalb Stunden Deutschrap-Power: Bushido legt nach Jahren ein Schweizer Comeback auf die Dübendorfer Bühne. Foto: Marie Fredericq

Vom Skandalrapper zum Familienvater

Rapper Bushido ist nach acht Jahren zurück

Er ist einer der erfolgreichsten deutschsprachigen Rapper des 21. Jahrhunderts. Auf seiner vermutlich letzten Tour war Bushido auch in Dübendorf – und begeisterte nicht nur mit Klassikern.

Zweieinhalb Stunden Deutschrap-Power: Bushido legt nach Jahren ein Schweizer Comeback auf die Dübendorfer Bühne. Foto: Marie Fredericq

Veröffentlicht am: 10.04.2024 – 15.50 Uhr

Während Petrus an diesem Nachmittag offenbar schlechte Laune hat, ist davon vor der Konzerthalle The Hall in Dübendorf nichts zu spüren. Trotz Nieselregen ist die Stimmung positiv – bereits seit Stunden stehen Dutzende Fans vor dem Eingang und warten sehnsüchtig auf die Türöffnung der Eventlocation.

Weshalb sie sich standfest dem miesen Wetter aussetzen, wird schnell klar: Sie wollen ganz vorne sein und den Deutschrapper Anis Ferchichi, besser bekannt als Bushido, hautnah erleben, wenn er ihnen an diesem Dienstagabend die Punchlines um die Ohren haut.

Nach acht Jahren ist der gebürtige Berliner wieder auf Tour und macht dabei auch in Dübendorf halt – sein einziger Stopp in der Schweiz. Und dabei soll es vorerst auch bleiben, denn es ist vermutlich seine letzte Konzerttournee.

Happy Zuschauer, happy Bushido

Vielleicht auch deshalb ist das Konzert seit Wochen ausverkauft wie fast alle seiner aktuellen Tour «König für immer». «Wir hätten vermutlich auch das Hallenstadion vollbekommen», sagt Burghard Zahlmann, Geschäftsführer der Zahlmann GmbH und Bushidos Tourveranstalter. Aber man sei vorsichtig gewesen.

Neben dem Stopp in Dübendorf spielt Bushido in elf weiteren Städten, so unter anderem in seiner Heimatstadt Berlin in der Uber Arena mit 17’000 Plätzen oder in der Kölner Lanxess Arena mit einer Maximalkapazität von 20’000 Besuchern. Am Anfang der Tournee waren nur acht Konzerte geplant, wegen der hohen Nachfrage wurden fünf Zusatztermine geschaffen. «Die Resonanz ist durchwegs positiv, die Zuschauer gehen happy nach Hause», so Zahlmann.

Um den Deutschrapper live und in Farbe zu erleben, nehmen die Fans gerne längere Anreisezeiten auf sich. «Wir sind aus Waldshut angereist. Wir freuen uns wahnsinnig auf den Auftritt», erzählen Sahid und Fatih, 21 und 23 Jahre jung. Dafür haben sie sich extra den Tag freigenommen. «Bushido ist einfach Kult, der König des Deutschrap», schwärmt die 28-jährige Melissa aus Baden.

«Ich war immer ein Fan, und die Chance muss man halt nutzen, wenn er mal wieder da ist», erzählt Rico aus Küssnacht. Die Vorfreude auf das bevorstehende Konzert ist spürbar, die Fans können es kaum erwarten, den Rapper live zu erleben und zu seinen provokanten Texten mitzusingen.

Vom Gangsterrapper zum fürsorglichen Vater

Dass Bushido polarisiert, ist nichts Neues – nicht nur wegen seiner musikalischen Karriere war der gebürtige Berliner immer wieder in der Presse. Stress mit anderen Rappern und grenzwertige Texte – Bushido liess in jungen Jahren kein Klischee aus, das seinen Ruf als skandalösen Gangsterrapper untermalte.

Gerade die letzten Jahre aber dominierte der Disput zwischen ihm und Clan-Chef Arafat Abou-Chaker die Medien. 2018 brach der Rapper mit der Grossfamilie, der kriminelle Machenschaften nachgesagt werden und die immer wieder wegen verschiedener Vergehen vor Gericht stand.

So wurde Abou-Chaker 2019 wegen Bedrohung und Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafte verurteilt, seit 2020 lief ein weiteres Verfahren wegen Freiheitsberaubung, versuchter schwerer räuberischer Erpressung und Körperverletzung zum Nachteil von Bushido. Im Februar diesen Jahrs wurden die drei angeklagten Abou-Chakers jedoch in allen Hauptanklagepunkten freigesprochen.

Während dieser Zeit rückte Bushido näher mit seiner Familie zusammen. Gemeinsam mit seiner Frau Anna-Maria hat der 45-Jährige mittlerweile acht Kinder, unter anderem Drillinge. Doch das Familienglück wird stets vom schwarzen Schleier der Vergangenheit überschattet – rund vier Jahre stand die Familie unter Personenschutz, in mehreren Interviews beteuert Anna-Maria die Angst um sich und ihre Kinder.

Unter anderem deshalb zogen die Ferchichis im Sommer 2022 nach Dubai. Aus dem Skandalrapper, der Texte wie «Die Huren schrein: Er ist ja so attraktiv, und jeder weiss, seine Schwester war am Strand aktiv» schrieb, wurde ein fürsorglicher Vater, der darüber singt, was ihm heute wichtig ist. «Und wenn der Beat nicht mehr läuft und alles leise ist, zählen alle meine goldenen Preise nicht, komme ich zu euch nach Hause, bin ich einfach ich, denn das Wichtigste im Leben ist Familie.»

Hart und herzlich

«Bushido war sowohl positiv als auch negativ in den Medien», erklärt Tourveranstalter Zahlmann. «Doch mit dieser Tournee wurde er geadelt, selbst die Medien haben äusserst positiv über die Konzerte berichtet.» Umso mehr dürfen sich die Schweizer Fans auf das Konzert freuen.

Und das beginnt an diesem Dienstagabend pünktlich um 20 Uhr. Das Publikum sollte nicht enttäuscht werden: Bushido heizt den Fans wortwörtlich ein – mit Pyroshow und Feuerregen, stets untermalt von dicken Bässen und harten Texten.

Klassiker wie «Wenn wir kommen», «Sonnenbankflavour» oder «Panamera Flow» werden von den Anwesenden begeistert mitgesungen. Bushido animiert die Menge immer wieder, mit ihm zusammen zu rappen und mit den Armen zum Takt zu schwenken.

Zwischen den Songs ist er zu Scherzen aufgelegt, verschenkt seine Wasserflasche und erzählt von seinen Kindern. Doch er wird auch sentimental – bedankt sich mehrfach beim Publikum, freut sich sichtlich, auf der Bühne zu stehen. Immer wieder redet er mit den Fans, ist begeistert von ihrer Textsicherheit.

Ein Hit jagt den anderen – und die Menge kommt gar nicht mehr aus dem Jubeln heraus. Von 8 bis 48: Bushido begeistert eingefleischte genauso wie neue Fans, egal, welchen Alters. Nach zwei Stunden ist das Schauspiel vorbei, doch der Künstler lässt sich eine Zugabe nicht entgehen – zumal die Fans lauthals danach schreien.

Nichts ist für immer

Mit «Dark Night», einem Lied mit Beleidigungen gegen seinen ehemaligen Kollegen und Deutschrapper Capital Bra, zeigt er noch einmal, wie messerscharf seine Worte schneiden können. «Wir haben seine Mutter gefickt!», schreit er in die Menge – doch ist er nicht auf Krawall aus: «Aber wisst ihr, das ist alles nur Musik. Wenn der Beat endet, dann endet auch der Beef.» Und so schlägt er einen sanfteren Ton an, spielt sein Lied «Familie», in dem er wieder auf den Punkt bringt, was er die letzten Jahre predigte – die Familie, das ist es, was zählt.

Verabschiedet wird die Menge mit einem Bushido-Klassiker, einst aufgenommen mit dem bereits verstorbenen Sänger und Komponisten Karel Gott. «Dieses Leben ist halt einfach kalt und schwer, und jedes Jahr kommen jetzt ein paar Falten mehr. Sag, wie gern würdest du jetzt frei wie ein Adler fliegen? Keinen Gedanken mehr verschwenden, irgendwann im Sarg zu liegen? Für immer jung, ein Leben lang für immer jung. Du musst dich an die schöne Zeit erinnern, denn nichts ist für immer.»

Ja, nichts ist für immer – und so findet auch die Zugabe ein Ende. «Es war der Wahnsinn!», «Geil, dass er auch die alten Tracks gespielt hat» und «Krass, wie der die Menge anheizen kann» – das sind nur einige Kommentare, die nach dem Konzert zu hören sind.

Und dann ist er auch schon vorüber, der Abend, auf den die Fans lange hingefiebert haben und der acht Jahre Wartezeit wert war. Im Nieselregen trottet die Menge in Richtung Bahnhof Stettbach, so mancher in der Hoffnung, dass es doch nicht das letzte Mal war, dass der «König» Bushido auf der Bühne stand.

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